Volker Giesek
Neue Projekte
Album 2022
Alles, was ich weiß
Mitten in der Corona-Pandemie war genau der richtige Zeitpunkt, ein Album mit meinen Songs anzugehen. Zunächst musste allerdings die Schere im Kopf wiederholt zugeklappt werden. Schnipp: „Aber du brauchst ein Crowdfunding, und es dauert, bis das steht!“ – Schnapp: „Nö, zahl ich selber, hab gespart.“ Schnipp: „Aber du brauchst ein Projekt, eine CD, Fotos, Promo, ein Release-Konzert, danach Booking und Konzerte…!“ – Schnapp: „Alles nö, ich brauch Musik. Meine. Jetzt.“ Als das geklärt war, habe ich mich für zehn Titel entschieden, sechs davon mit Band, plus vier bei mir zu Hause aufgenommene Vocal/Piano-Tracks. Stilistisch spiegeln die Songs vieles, was mich musikalisch geprägt hat und ich immer noch liebe: Jazz, (New) Soul, Singer-Songwriter… Beatles, Steely Dan, Supertramp, Ben Folds, Burt Bacharach, Sting, James Taylor… Nur halt mit deutschen Texten, watt willste machen? Ich bin stolz und froh, wie sehr meine langjährigen Weggefährten und Kolleginnen mit ihren großartigen Beiträgen die Songs zum Leuchten bringen, ich danke euch von ganzem Herzen, ihr Wahnsinnig*innen! Jetzt aber los:
Jeden Monat ein neuer Song, viel Spaß!
Januar 2022 | Henning
Henning
Text & Musik: Volker Giesek
Lead Vocals, Electric Piano: Volker Giesek
Background Vocals: Christina Mantel, Carolin Roth
Electric Guitar: Stefan Puppele
Bass Guitar: Dietmar Kastowsky
Drums, Percussion: Andreas Keller
Horn Section:
Trumpet: Heinz Dauhrer
Alto Saxophone: Tom Reinbrecht
Tenor Saxophone: Axel Kühn
Trombone: Hans-Heiner Bettinger
Dupp du-dupp, du-duh
Dupp du-dupp, du-duh
Henning ist ein Mann, der nicht lang warten kann
Der sich freut, wenn Dieter sich blamiert – garantiert
Geht an all’n vorbei und stellt sich vorne an
Weg da, so sehn Sieger aus
Was hab ich ihn vermisst!
Find ich mutig, wie Henning uns zeigt
Dass er’n Arschloch ist
Dupp du-dupp, du-duh
Dupp du-dupp, du-duh
Alles kurz vorm Kollaps auf der Autobahn
Ich fahr auf der vierten Spur allein – sonst kein Schwein
Niemals würde Henning bei den Losern fahrn
In den Spiegel schaut er nie
Was soll da schon groß sein?
Find ich toll, wie er offen und ehrlich sagt:
„Hey, scheiß aufs Klima
Ich fahr Porsche Cayenne
Ich bin Herr, du der Diener
Nur ein Smash-Hit führt in den Top Ten“
Schwarze Scheiben wie Asphalt
Ja, der Graf mag kein Licht
Sitzt hoch oben auf Leder
Schaut herab, doch was sehn tut er nicht
Oh Gott!
Ein Hirn aus Schrott!
Dupp du-dupp, du-duh
Dupp du-dupp, du-duh
Andre Autos? Sind Henning viel zu klein
Für so ’nen Henning, da muss es was Besondres sein
Nur so wird er von andern Leuten wertgeschätzt
Wobei ’ne Meute fieser Leute ihn seit Kindertagen hetzt
Sie wolln ihm an den Kragen und im Cockpit an das Leder
Charismatischer Entscheider sein, das möchte schließlich jeder
In der Nacht, da wacht er schweißgebadet auf
Er hat geträumt, sein Ego steht bei Ebay zum Verkauf
Dupp du-dupp, du-duh
Dupp du-dupp, du duh
Sag mir bitte, warum, lieber Gott
Machst du’n Hirn aus Schrott?
Disclaimer
Alle super netten Porsche Cayenne-Fahrer und total sympathischen Hennings da draußen (ich kenne ein paar) kommen in dem Lied selbstverständlich nicht vor. Wer hingegen, unabhängig von Name und Gefährt, ein Arschloch ist: Prima, dies ist dein Lied!
Worum geht es?
Stilvolles Bashing zu fetter Egos in zu fetten Autos.
Die Musik
Supertramp war eine der Bands, die meine Jugend begleitet haben. Das wird wohl der Grund für den Anfang mit den hämmernden Akkorden und dem Wurlitzer E-Piano-Sound sein, auch wenn es danach in eine ganz andere Richtung geht…
Hier sind 90 Sekunden Kompositions–Work in Progress, alles noch mit „Bananentext“ (improvisierte, englisch anmutende Silben). Sicher ist es für meine Schüler beruhigend, dass auch ich mal kurz harmonisch nicht so ganz durchblicke. Ist natürlich die absolute Ausnahme ;).
Der Text
Die Inspiration kam im Wochenend-Rückreiseverkehr auf der A 8 Richtung München: Meine Einsamkeit auf der ganz rechten, zusätzlich eröffneten, vierten Spur war der Auslöser für das, was am Ende die zweite Strophe geworden ist („Alles kurz vorm Kollaps…“). Der Rest hat sich aus der Frage entwickelt, um welchen Menschentypus es sich bei den „Spurverweigerern“ wohl handeln mag. Henning ist comichafte Allegorie und Karikatur, ein klischeehafter Platzhalter.
Übrigens: Der Text hat rein gar nichts mit dem deutschen Produzenten Henning Verlage, seinem Projekt Unheilig und dessen Sänger zu tun, der sich Der Graf nennt. Dieses Mega-Missverständnis ist mir an entscheidender Stelle während der Produktion tatsächlich begegnet! Im Gegensatz zu Henning Verlage und dem Grafen, die mir noch nie begegnet sind und gegen die ich absolut nichts einzuwenden habe. Ich weiß auch gar nicht, was die für Autos fahren…
Februar 2022 | Rumpfmatrosen
Rumpfmatrosen
Text & Musik: Volker Giesek
Lead Vocals, Piano: Volker Giesek
Background Vocals: Volker Giesek, Stefan Gienger
Acoustic Guitar: Stefan Puppele
Bass Guitar: Dietmar Kastowsky
Drums, Percussion: Andreas Keller
Alles gegeben
Alles versucht
Den Tag, den Gott des Meeres
Und die Welt verflucht
Ungezählte Stunden schon
Peitscht uns weiße Gischt
Der Steuermann fragt panisch
Wo der Käpt‘n eigentlich ist
Der Bug geht steil
Ein Himmelfahrtskommando
Dann fällt er und sticht ungebremst in See
Der Mast hält das alles
Nicht aus und zerbricht
Das Schiff ächzt und stöhnt
Alle Schotten sind dicht
Manche Matrosen
Beginnen zu meutern
Sie können sich nicht vorstelln
An Stürmen zu scheitern
Jenseits ihres Horizonts
Und wider die Vernunft
Hoffen sie das Beste
Verkriechen sich im Rumpf
Erst tuscheln sie, dann sagen sie es laut:
„Was quatschen die auf Deck von Sturm?
Wir können hier keinen sehn!
Weil wir an die Flaute glauben
Kann es niemals wehn
Kann es niemals wehn“
Hey-ho, hey-ho
Rumpfmatrose!
Wenn hier alles schwankt und torkelt
Liegt das sicher nicht am Rum
Und wenn wir heute untergehn
Hey-ho, hey-ho, hey-ho!
Weiß der Wind schon morgen
Du bist dumm gestorben
Der graue Vorhang hebt sich
Wir trinken warmes Licht
Die Planken bieten wieder
Halt Das Ungeheuer kriegt uns nicht
Keiner ging verloren
An Deck gekämpft mit Mann und Maus
Von achtern schiebt uns Neptun
Mit ruhiger Hand zum Land voraus
Wir machen fest
Auf halblaute Befehle
Im Schiffsbauch heißt es
„Schau, keine Gefahr!“
Hey-ho, hey-ho
Rumpfmatrose!
Wer hat den Orkan bezwungen?
Wer war dort und wer war hier?
Sag, brauchst du ein Martyrium?
Hey-ho, hey-ho, hey-ho!
Das können wir dir besorgen:
Du bist für uns gestorben
Für uns bist du gestorben
Worum geht es?
Um Leute, die andere die Kohlen aus dem Feuer holen lassen, statt selbst mit anzupacken.
Die Musik
lch bin in Bremen aufgewachsen, da ist die Nordsee nicht weit, und so war ich als Junge ganz versessen auf alte Piratenfilme, Moby Dick oder Die Meuterei auf der Bounty. Ist das der Grund für all das Seefahrer-Flair? Mit Akustischer Gitarre, luftigem Akkordeon und düster-entschlossenem Männerchor im Kampf gegen die stürmische See, Hey-ho, Hey-ho! Die Keimzelle des Songs war ein parallel verschobener 3-Noten-Akkord. Ab ca. 00:28 erkläre ich mir selber, was ich genau spiele, damit später das Weiterarbeiten keine Gehörbildungs-Stunde wird (obwohl mir die mal wieder gut tun würde… ;)).
Per Video habe ich Stefan Puppele zur Diskussion stehende Akkord-Voicings gezeigt:
Der Text
- Nach dem Gedicht Coronarama, dem Song Sehr spezielle Zeiten und dem Blogartikel Selbstfindung (alle von 2020) ist dies mein vierter durch die Pandemie beeinflusster Beitrag. Hier konkret vom Verhalten der Corona-Leugner.
- Hast du schon mal jemanden sagen hören, dass sich manche Songs und Songtexte „von selber“ schreiben? Ich wollte eigentlich einen Trennungs-Text schreiben, noch in diesem Zusammenhang kamen die ersten Zeilen und die Seefahrer-Thematik als Rahmen für die Metaphern.
- Es folgte ein Brainstorming zum Thema „Seefahrt“ (s. Schmierzettel).
- Von dort zweigte es ab zur allegorischen Schiffsbesatzung in Seenot und schließlich zum Thema des Songs.
Rumpfmatrosen Songtext-Skizzen
März 2022 | Das Gute am Leben
Das Gute am Leben
Text & Musik: Volker Giesek
All Vocals, Piano: Volker Giesek
Kino vor Gleis 3
Menschen ziehn vorbei
Kaffeeduft und Tauben
Hier schlag ich alsbald
Wurzeln im Asphalt
Hab heut nichts mehr vor
Ein schwebender Tag
Schneeweiß der Moment
Wie Federflaum
Krieg und Diktatoren sind tot
Das Gute am Leben
Füllt den Raum
Schlecht gelaunter Mann
Hey, ich seh dir an
Du steckst voller Liebe
Brüllndes Kind mit Frau
Oh, ich weiß genau
Du ziehst das große Los
Jeder heut leuchtet
Ich schließe die Augen und
Atme Zeit
Hunger, Neid und Elend sind tot
Das Gute am Leben
Macht sich breit
Wär ideal, ich würd mir immer wieder mal
Die Welt mit Gleichmut ansehn
Statt mit nem Wasserfall an Dingen zu ringen
Sollte ich öfter an Gleisenden stehn
Aus Rollkofferinseln,
Baun sie mir heut mein
Paradies
Die Monster und Dämonen sind tot
Das Gute am Leben
Dringt zu mir durch
Mann, wie ich das genieß!
Kino vor Gleis 3
Menschen ziehn vorbei
Kaffeeduft und Tauben…
Worum geht es?
Hast du auch manchmal das Gefühl, du könntest die ganze Welt umarmen? Ein Song über das Glücklichsein.
Die Musik
Das hier ist definitiv von Burt Bacharach inspiriert, einem meiner ewigen Lieblingskomponisten. Vermeintliches Easy Listening, hinter dem sich bei näherer Betrachtung aber eine unwiderstehliche Ohrwurm-Melodie über ausgebufften Jazz-Harmonien inmitten einer perfekten Song-Dramaturgie verbirgt. Diesen Code werde ich mein ganzes Leben lang versuchen zu knacken. Es darf kompliziert sein, aber es soll nicht so klingen. Mir ist das Understatement, der musikalische Wolf im Schafspelz näher als der ausgestellt brüllende, eitle Sound-Löwe (der bei näherem Hinsehen mitunter ein schlapper Papiertiger im Regen ist). In meiner Jugend hieß es immer: Bist du Beatles oder Stones? Du kennst die Antwort.
Der Text
Vor ein paar Jahren wollte ich an einem meiner freien „Inseltage“, einem stürmischen Tag kurz vor Ostern, mit der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) nach Schliersee in die Therme fahren. Für mich gibt es nichts Schöneres, als zu spüren, wie die Wärme wohlig in den Wanst kriecht, während es draußen richtig ungemütlich ist. Leider war meine Anreise am Münchener Hauptbahnhof beendet, da mir die freundliche Dame am Ticketschalter eröffnete, dass die Strecke der BOB aufgrund des Sturmes gesperrt sei. Da stand ich also mit meiner Sporttasche und einem zerbröselten Wellness-Traum. Erst war ich enttäuscht und diffus sauer. Dann aber legte sich eine schmunzelnde, allumfassende Ruhe über mein Gemüt. Endlich hatte ich einmal buchstäblich nichts vor, nicht mal etwas Schönes. Da habe ich mir einen Kaffee gekauft, mich an den Rand gestellt und nur zugeschaut und wahrgenommen. Nach einer Weile hat sich dann Songtext-Alarm geregt und ich habe mir die Notizen unten im schwarzen Kasten gemacht. Erst viel, viel später ist aus dem Impuls von damals dann wirklich ein Text entstanden. Wie das begonnen hat, siehst du auf der unteren, handschriftlichen Notiz. Recht schnell kam der Songtitel „Das Gute am Leben“ ins Spiel…
April 2022
Schnuffel-Bär
Text & Musik: Volker Giesek
Lead Vocals, Piano: Volker Giesek
Background Vocals: Christina Mantel, Carolin Roth
Acoustic Bass: Dietmar Kastowsky
Drums, Percussion: Andreas Keller
Horn Section:
Trumpet: Heinz Dauhrer
Alto Saxophone, Solo: Tom Reinbrecht
Tenor Saxophone: Axel Kühn
Trombone: Hans-Heiner Bettinger
► Hier klicken und Song hören/kaufen.
Ich kauf ein Siamkatzenvieh
Trotz meiner Katzenallergie
Nur aus Liebe (Liebe)
Ich esse Grünkern-Quiche mit Lauch
Kürbis-Risotto ess ich auch
Nur aus Liebe (Liebe)
Ich putze Zähne nach dem Essen
Habs noch kein einz’ges Mal vergessen
Aus Liebe
Doch Eines gibts, das nervt extrem
Und könnt es ruiniern
Du solltest dieses Grundproblem
Ganz schnell eliminiern:
Nenn mich nie mehr Schnuffel-Bär
Darauf steh ich gar nicht, eher
Spiel ich in ’ner anderen Liga:
Nenn mich Schnuffel-Tiger
Nenn mich nie mehr Schnuffel-Bär
Darauf steh ich gar nicht, eher
Spiel ich in ’ner anderen Liga:
Nenn mich Schnuffel-Tiger
Beim Pinkeln setz ich mich jetzt hin
Auch wenn ich echt in Eile bin
Nur aus Liebe (Liebe)
Nachts zieh ich nicht mehr durchs Revier
Trink alkoholbefreites Bier
Nur aus Liebe (Liebe)
Statt Formel 1 schaue ich ARTE
Ich warte…
Aus Liebe
Doch manchmal spür ich so ein’n Hass
Ich muss jetzt reagiern
Bei aller Liebe kann ich das
So nicht mehr akzeptiern:
Nenn mich nie mehr Schnuffel-Bär
Darauf steh ich gar nicht, eher
Spiel ich in ’ner anderen Liga:
Nenn mich Schnuffel-Tiger
Nenn mich nie mehr Schnuffel-Bär
Darauf steh ich gar nicht, eher
Spiel ich in ’ner anderen Liga:
Nenn mich Schnuffel-Tiger
Oh, yeah!
Worum geht es?
Männliche Zugeständnisse – der Liebe wegen. Ein Song über den sympathischen Beziehungs-Underdog von nebenan.
Die Musik
Hier swingt und bouncet es. Alles voller Jazzakkorde, und eigentlich wäre das eine schöne Big Band-Nummer… Aber auch mit der 4-stimmig und mit lauter Fachkräften besetzten Hornsection geht die Anmutung in diese Richtung. Tom Reinbrechts Solo war ein First Take, Respekt! Wenn ich den Song live spiele, gibt es nur eine Klavierbegleitung ohne Solo. Es hat ein paar Experimente erfordert und gedauert, bis mir klar wurde, an welche Stelle im Song es gehört. Außerdem ist jetzt der erste Durchgang einen Halbton tiefer, gleich danach geht es für das Solo zurück in die Originaltonart. So klingen anschließend Refrain und Strophe wieder frisch. Der Bass doppelt die linke Hand meines Klavier-Arrangements, wie ich es von Musical-Arrangements kenne. Und ja, das ist ein echtes Klavier hier. Eigentlich waren wir schon mit Mischen beschäftigt, aber keines der Klavier-Samples, die wir mit der MIDI-Spur von der Vorprodukten angesteuert haben, hat mir gefallen. Also habe ich abends zu Hause noch einmal den Klavierpart geübt und am nächsten Tag auf dem Studio-Flügel eingespielt. Eine gute Entscheidung.
Der Text
Hier ging alles ganz schnell: Musik und Text von erster Strophe und Refrain kamen fast gleichzeitig. Ich wollte etwas im Stil des viel zu früh verstorbenen Roger Cicero schreiben: Jazz-Pop im Bigband-Sound mit einem Text, der auf ironisch-liebenswerte Art die Lücke zwischen männlichem Selbstbild und Beziehungsrealität thematisiert.
Hier ist das Audio-Memo von erster Strophe und Refrain direkt nach deren Entstehung. So klingt es, wenn nebenan die Frau schläft und daher Volker, der Flüsterfuchs musiziert. Hier heißt es noch Kuschelbär und ein paar rhythmische Dinge sind noch nicht am Platz…
Mai 2022 | Der ganz große Wurf
Der ganz große Wurf
Text & Musik: Volker Giesek
Vocal, Piano: Volker Giesek
Zwei am Fluss, die werfen Steine
Opa große, Tim eher kleine
Schau, was die für Wellen machen
Sein Stein gluckst und Tim muss lachen
Opas Stein, der fliegt weit
Fast bis in die Ewigkeit
Timmy staunt, soviel Kraft!
Ob er das wohl auch mal schafft?
Hey, wenns fürn ganz großen Wurf nicht reicht
Ein paar Wellen machst du leicht
Zwei daheim, die schmeißen Teller
Sarah zielt, doch Tim war schneller
Keiner weiß hier wirklich weiter
Wär da Trennung nicht gescheiter?
Irgendwann fängt das an
Dass man nicht mehr reden kann
Bei all dem muss man sehn
Lange Zeit wars ja auch schön
Wenns für den ganz großen Wurf nicht reicht
Ein paar Jahre schaffst du leicht
Auf deinem Lottoschein stimmt nur die Zusatzzahl
Hat man denn überhaupt ne Wahl?
Tim holt aus, wirft den Stein
Weit bis in den Fluss hinein
Erst-Roman kommt nicht an
Jeder macht halt, was er kann
Wenn das für den ganz großen Wurf nicht reicht
Ein paar Wellen schlägst du leicht
Auch wenns fürn ganz großen Wurf nicht reicht
Worum geht es?
Hohe Ambitionen, nicht erreichte Lebensziele:
Wenn es sehr gut nicht geht, lass es einfach gut sein.
Die Musik
Ein Schüler von mir hatte ein Leadsheet von „Summer Nights“ (aus dem Musical „Grease“) dabei. Ich war beeindruckt davon, wie mutig hier der ältesten, grundlegendsten Kadenz der westlichen Musikgeschichte ein frischer Twist hinzugefügt wurde. Oft ist die Inspiration ein schlichtes: „Kannst du das auch?“ Also habe ich mich gleich nach der Unterrichtsstunde ans Klavier geschwungen… Wie so oft ist etwas dabei herausgekommen, das nicht im Geringsten auf die Quelle der Inspiration hinweist. Das ist gut :).
Der Text
Beim Spaziergang an der Isar während einer Kompositionspause habe ich quasi den 1. Vers beobachtet und war gerührt. Das war der Impuls für den Text und den Songtitel, nur: Für was waren der Steine werfende Opa und seine Enkelin (an der Isar war’s ein kleines Mädchen, kein „Tim“) eine Metapher…?
Im weiteren Verlauf des Spaziergangs habe ich über eine gerade in der Verwandtschaft stattfindende Trennung samt Scheidung (und allem, was dazugehört) nachgedacht. Plötzlich war da der Bezug und die Brücke zwischen dem konkreten „Großen Wurf“ und der Metapher, die auf eine Beziehung ebenso passt wie auf das Streben nach dem „Ganz großen Wurf“ als Lebensziel.
Natürlich hätte ich im letzten Vers die Ambitionen meiner Musiker-Zunft (und mir) nach dem Hit, dem Durchbruch, Ruhm und Reichtum thematisieren können. Aber das war wohl zu nah dran an mir und ich habe es mich nicht getraut. So müssen jetzt die Schriftsteller herhalten. Immerhin wäre Journalismus meine Plan B gewesen, und vielleicht hätte ich mich neben der redaktionellen Arbeit an einem Roman versucht, wer weiß?
Video
Dieser Song ist zwar nicht der erste, den ich geschrieben habe, aber der erste, bei dem ich mich damals getraut habe, ein One Shot-Video meiner Performance auf YouTube zu veröffentlichen (für den digitalen Release auf den Streaming-Plattformen jetzt habe ich die Originalspuren von damals noch einmal professionell im Studio nachbearbeiten lassen):
Juni 2022 | Fake (und keiner ahnt was)
Fake (und keiner ahnt was)
Text & Musik: Volker Giesek
Vocal, Keyboards, Programming: Volker Giesek
Electric Guitar: Stefan Puppele
Ich bin jung, ich bin alt
Ich bin heiß, ich bin warm, mir wird kalt
Ich bin Liebe, ich bin Hass
Gelb vor Neid
Wie gefällt dir jetzt das?
Ich bin sauer, ich bin süß
Fahr zur Hölle, dann ins Paradies
Ich bin Krieger, ich hab Angst
Kauf das geilste Parfum
Doch ich atme Gestank
There‘s no time like show time
Das Lächeln sitzt perfekt
Muss ja nicht echt sein
Denn ich bin ein Fake
Und keiner ahnt was
Ich bin weise, ich bin doof
Bin das mieseste Schwein auf dem Hof
Ich bin Jekyll, ich bin Hyde
Aber sonst geht’s mir blendend soweit
There‘s no time like show time
Das Lächeln sitzt perfekt
Muss ja nicht echt sein
Denn ich bin ein Fake
Und keiner ahnt was
There‘s no time like show time
Das Lächeln sitzt perfekt
Muss ja nicht echt sein
Denn ich bin ein Fake
Und keiner ahnt was
Worum geht es?
„Was ist, wenn alle merken, dass ich es eigentlich gar nicht drauf hab.“ Selbstzweifel, Hochstapler-Syndrom und gepimpte Selbstdarstellung, thematisiert in einem Dance-Song, geht das? Ich glaube schon. – Natürlich nur, bis alle merken, dass ich es eigentlich gar nicht drauf hab…
Die Musik
Der Song ist aus dem zunächst völlig ziellosen Herumprobieren mit dem „Trance“-Template meiner DAW entstanden. Dort sind ab Werk bereits Spuren mit zu dieser Stilrichtung passenden Sounds angelegt. Ich hatte die Idee, das elektronische Ambiente mit Jazz-Harmonien zu kombinieren. Irgendwo habe ich dann noch über die gesamte Klaviertastatur verteilte Shouts gefunden („To the flow!“, „Are you ready for this?“…) – das war ein Spaß und passt wie die Faust auf’s Auge! Im Studio haben wir „für alle Fälle“ eine Version mit live gespieltem Bass und Schlagzeug aufgenommen. Beim Mixen habe ich mich dann aber für die (bis auf die E-Gitarre) rein elektronische Version entschieden. Ich finde, so passt es besser zum Thema des Songs: (fast) alles künstlich, Fake halt.
Der Text
Den Anstoß hat die Beobachtung gegeben, dass auch in Sachen Selbstwertgefühl das Glas zwischen halbleer und halbvoll schwankt. Ich finde es erstaunlich, wie viele berühmte Leute, zum Beispiel Schauspieler, in Interviews von ihrer Sorge berichten, als Hochstapler enttarnt zu werden. Influencer*innen, Social Media (vor allem Instagram) haben das Motto Fake it til you make it zum Erfolg versprechenden Prinzip erhoben. Andererseits, die Umwelt an jeder Laune, jedem Gefühl, der kleinsten Verstimmung 100% authentisch und ehrlich teilhaben zu lassen, ist ebenfalls keine gute Idee (und im Job nicht sehr professionell).
Video-Infos für Stefan Puppeles Gitarren-Part
Akkord-Info (aus der 5-Minuten-Pause in der Jazzschool):
…und hier „Die düstere Melodie am Schluss – finally explained“:
Produziert von Volker Giesek
© Volker Giesek | Barking Fish Music 2021
Aufgenommen von Stefan Gienger | Gemixt von Alexander Hubmann
Mastermix-Studio, Unterföhring
Gemastert von Ludwig Maier
GKG Mastering, Freising